Donnerstag, 17. Februar 2011

OVB-online 10.02.2011
Lisa Degeles Performance im "raum02" hinterlässt Ratlosigkeit, im Gegensatz zu ihren Objekten

Das Bierdosenbrathuhn

Die Winterpause ist vorbei und die Galerie "Raum 02" in der Weißgerberstraße in Mühldorf erwacht zu neuem Leben. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn zum Auftakt des Ausstellungsjahres 2011 stand eine Performance auf dem Programm: "Bratfertig" nennt Lisa Degele das, was sie im Rahmen des Eröffnungsabends gezeigt hat.

Po-Plastiken zeigt Lisa Degele in der Galerie "Raum 02". Fotos fng

© OVB

Po-Plastiken zeigt Lisa Degele in der Galerie "Raum 02". Fotos fng

Zu bestaunen gab es eine Art Geschicklichkeitstanz - mit einer Bierdose in der Strumpfhose. Wer dabei war, kann Bazon Brock verstehen. Der Nestor der heutigen Kunstphilosphie beklagt eine Verflachung dessen, was heute als Performance angeboten wird. Dieses Kunstgenre bezieht sich seit dem Dadaismus auf Kulte und Rituale. Das bedeutet, der Künstler erfindet Gegenstücke zu den in Religionen eingesetzten Kulthandlungen. Das Mildeste, was Brock nun über die Zeitgenossen formuliert, ist: verblödete Event-Clowns.

Um diesen jahrzehntealten Ansprüchen gerecht zu werden, lässt sich die Vorführung eher als Scharade auf den Begriff "Bierdosenbrathuhn" bezeichnen. Nichts Mystisches also, nichts das aus dem Unterbewusstsein heraus etwas Derartiges beim Betrachter anspricht. Immerhin ist aber der Mut und die Lust auf Provokation mit erotischem Beigeschmack bewundernswert.

Alle vier gezeigten Werke folgen diesem Muster, wobei die Ausprägung dem Zeitgeschmack mit Augenzwinkern sogar entgegenkommt. Beispielsweise ihre Videoarbeit, der Frauenpo in der Strumpfhose: sattellos auf einem Pferderücken in Großaufnahme, schaukelnd und sich reibend. Wie gesagt: ein großes Augenzwinkern. Aber ist es auch mehr?

Deutlich mehr Respekt nötigen dagegen ihre beiden plastischen Arbeiten ab. Einerseits das weibliche Gesäß, das sie abgeformt, in Wachs übergeführt und dann in Blei gegossen hat. Die Arbeit zeigt einen rechteckigen Ausschnitt der Partie, kombiniert mit einer Perlenkette. Andererseits zwei Pobacken als Negativ in eine Bleiplatte eingearbeitet. Hier füllt sie die Objekte mit Milch und stellt damit einen Farbkontrast zum Bleigrau her, wie er in der "Schwesterarbeit" durch die Perlen erzeugt wird.

Gelungene Anspielungen sind das, die sich in den Objekten verbergen. Die mit Milch gefüllten Pobacken lassen eine Verwechslung mit Brüsten zu, das Viereck erinnert an ein Dekollete. Diese Ambivalenz ist ein Treffer, absolut gekonnt, inhaltlich und handwerklich.

Wer die Anspielungen selbst bewerten will, hat Gelegenheit dazu am Samstag, 12. Februar, von 14 bis 18 Uhr sowie am Freitag, 25. Februar, um 19 Uhr im Rahmen der Finissage. Dann steht wieder eine Performance auf dem Programm, von Marita Baumann.

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