Samstag, 7. März 2009

Einführungsrede zur Vernissage der Ausstellung "Lisa" von Ernst Lechner

am Freitag, den 6. März 2009 im raum02


Ja - ich war auch dort. Im Louvre in Paris. So wie viele Millionen jährlich dorthin pilgern, um die Mona Lisa von Leonardo da Vinci zu sehen. Ich stand ihr gegenüber und heute bin ich hier im raum02 zusammen mit Ihnen und sehe mir die Lisa von Ernst Lechner an. Und die erste Frage, die ich mir, naiv wie ich bin, stellte, war: "'Wieso versucht sich jemand an einer solchen Ikone der Kunst wie es die Mona Lisa ist. Kann man da nicht einfach nur scheitern, so aufgeladen wie sie ist?"


Ich möchte kurz den Kunsthistoriker Gombrich zitieren, der schreibt:


"Es ist vielleicht kein reiner Segen für ein Kunstwerk, so ungeheuer berühmt zu sein, wie es die Mona Lisa ist. Wir sind so gewohnt, sie auf Ansichtskarten und selbst in Reklamebildern zu sehen, dass es schwer wird, sie mit neuen Augen zu betrachten und sich wieder klar zu machen, dass hier ein wirklicher Mensch, eine wirkliche Person von Fleisch und Blut porträtiert wurde. Aber es lohnt sich, einen Augenblick zu vergessen, was wir über das Bild wissen oder zu wissen glauben, und es so anzusehen, als wenn wir die Ersten wären, die es zu Gesicht bekommen."


Wenn Gombrich hier den unvoreingenommenen Blick propagiert, dann ist dies der Blick des Betrachters auf das Gemälde Leonardos. Dieses unbedarfte, lockere Herantreten an Kunst im Sinne Gombrichs eröffnet sprichwörtlich "neue Sichtweisen", eben auch, wenn wir hier und jetzt einem Werk der zeitgenössischen Kunst gegenüber stehen.


Ernst Lechner verweist schon im Titel auf ein Detail. Er nennt seine hier in Marmor gehauene Arbeit "Lisa" und eben nicht "Mona Lisa" - eben keine rein dreidimensionale Umsetzung des - in Anführungszeichen - "Originals". Welchen Grund sollte Ernst Lechner auch haben, ein solches Meisterwerk in Marmor auszuführen? Etwa nur, weil dem weißen Marmor etwas Schönes, Erhabenes anhaftet? Oder, weil bei einer plastischen Arbeit eine räumliche Dimension mehr vorhanden ist als in einem Gemälde?


Als Bildhauer verfüge ich selbst nicht über das wissenschaftliche Know-How eines Kunsthistorikers und möchte Ihnen auch nicht Ihren unvoreingenommenen Blick subjektiv einfärben. Als Rezipient jedoch drängt sich mir ein wahrer Fragenkatalog auf: die Frage nach Autorenschaft, nach Materialwahl, nach Schönheitsidealen, die nach Kult- und Fanartikeln, Wertigkeit und eben auch der, wie wir selbst Kunst begegnen.


Gründe, beziehungsweise Motive gibt es wohl zuhauf, die Ernst Lechner zu dieser Arbeit motiviert haben. Nur rein faktisch gilt es sich mit dem auseinander zu setzen, was wir hier vor uns haben: der Lisa, einer handwerklich sehr gelungenen Arbeit, die uns ein riesiges Feld der Diskussion eröffnet und eben kein oberflächlich geprägtes Bild ist.




Florian Lechner

München, 5. März 2009


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