Samstag, 23. Juni 2012

ovb-online am 19.06.2012


Der Maler Anton Empl befasst sich im raum02 auf seine Art mit dem Bunkergelände

Was der Mensch dem Menschen antut

Anton Empl kennt ihn gut, den Mühldorfer Hart. Schon als junger Mann hat er diesen Wald bei Mettenheim durchstreift und die Überreste des Bunkers fotografiert. Auch später, als studierter Kunstpädagoge am Gymnasium in Dorfen, ist er der Gegend treu geblieben. Nun präsentiert er in der kleinen Galerie raum02 in der Weißgerberstraße in Mühldorf eine Serie zum Thema "M.Hart".



© OVB
Was mag hier einst geschehen sein? Anton Empls Bilder im raum02 regen zum Nachdenken an. Foto fng

Empls frühere Werke zeigen, dass ihn Landschaften immer interessiert haben - aber es geht ihm auch um den Menschen und seine Spuren darin. In weniger als einem Jahr hat er die Serie für die Ausstellung geschaffen.

Zunächst einmal fällt diese, seine spezielle Technik ins Auge: Er bespannt seine Rahmen mit transparenter Folie und malt darauf - also ist eine etwas andere Technik gefordert: weiß gedachte Flächen lässt er frei und durchsichtig. So entsteht der Eindruck als blicke der Betrachter durch ein Fenster in die Natur.

Empls Motivauswahl verrät den Standpunkt einer klassischen Moderne: das kraftvoll ins Licht gerückte Gewölbefragment; der Gegensatz zwischen den aufrechten, lebenden Stämmen und dem Totholz, das, bizarr hingeworfen, einen dunklen Eingang versperrt; oder der Spalt zwischen zwei eingestürzten Gewölbefragmenten, der oberflächlich betrachtet wie eine romantische Schlucht wirkt - wenn, ja wenn da nicht vom Grund der Müll heraufstinken würde. So ist hier der Anblick der edlen Natur immer durchkreuzt von schlimmen Dingen, die der Mensch eingebracht hat. So lassen sich auch die schönen grünen Schattierungen der Moose und Flechten auf den Betonfragmenten der eingestürzten Decken deuten, aus denen die Stahlverstrebungen herausragen. Darin befindet sich ein collagiertes Element aus Caspar David Friedrichs berühmten Eisschollen - kein Zufall.

Man könnte nun sagen: Schöne Farben, schöne Natur, gut wenn über alte Zeiten Gras wächst. Wer aber die Serie hinterfragt, landet in Abgründen. Denn der Maler (Jahrgang 1951) will uns nicht einfach nur mit einem angenehmen Farbspiel und der Tiefe der Landschaft unterhalten. Der Müll in der "Schlucht" tritt in den Hintergrund, die Frage, was der Mensch der Natur antut, wird verdrängt. Denn was tut der Mensch dem Menschen an? Wozu war die Anlage ursprünglich gedacht? Was geschah schreckliches hinter diesem Eingang?

Wir ahnen es nur und der Abgrund wird tiefer. Gewaltiges lebt, aber nichts ist gewaltiger als der Mensch. Wäre Sophokles hier nicht besser übersetzt mit "gewalttätig" statt gewaltig? Wie Puccini als Musiker hat hier ein Künstler eine Kulisse geschaffen, die zur Diskussion dieser elementaren Fragen des Menschen zwingend hinführt.

Und Anton Empl ist nicht nur wegen seiner brillianten Maltechnik sehenswert.

Öffnungszeiten nach Vereinbarung. Finissage ist am Freitag, 29. Juni, um 19 Uhr.



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